Auch dies geht vorbei
Es gab einmal einen König, der seine Weisen beauftragte, den schönsten Ring zu schmieden und darauf die wichtigste Weisheit so kurz zu fassen, dass sie auf den Ring passen würde. Die Weisen grübelten Tag und Nacht, doch sie konnten keine ihrer wichtigen Weisheiten so kurz fassen, dass sie auf den Ring passen würde. Da kam ein Bettler zum König und sagte: “Mein König, ich habe dir keinen schönen Ring zu bieten, doch kann ich dir dies hier überreichen. Stecke dieses kleine Pergament unter einen deiner schönsten Ringe und du wirst in Zeiten größter Not erkennen, dass es mehr Reichtum enthält, als alle deine Schätze. Aber verspreche mir, das Pergament erst zu lesen, wenn du alles verloren hast.”
So versprach der König dem Bettler, eben jenes Pergament erst zu lesen, wenn alles verloren schien. Und so kam es, dass das benachbarte Land Krieg über das Königreich brachte. Die Armeen des Königs wurden zerschlagen, die Städte und Schätze geplündert und der König ins Exil vertrieben. Da erinnerte sich der König an das Pergament unter seinem Ring. Er zog es heraus und las: “Auch dies geht vorbei.” Da überkam den König ein innerer Frieden. Es überkam ihn die Erkenntnis, dass nichts auf der Welt Bestand habe und alles vergänglich ist.
Und so kam es wieder, dass der König neuen Mut fasste, eine Armee rekrutierte und siegreich sein Land zurückeroberte. Als er voller Stolz und Freude durch die Hauptstadt zog, um seinen Erfolg zu feiern, erkannte er den Bettler wieder. Er lud ihn in seine Kutsche ein und versprach ihm sein Gewicht in Gold aufzuwiegen. Da antwortete der Bettler: “Mein König, auch ich war einst ein König, aber ich vergass, auch in Zeiten des Erfolges, mich an die Weisheit zu erinnern. Schau auf das Pergament und erinnere dich an die Weisheit.” Der König holte den Zettel heraus und las wieder: “Auch dies geht vorbei”. Der König verstand nicht und bot dem Bettler an, das Königreich welches er scheinbar verloren hatte, für ihn zurückzuerobern. Er dachte, der Bettler wolle wieder ein König sein. Doch der Bettler antwortete ihm: “Mein König, du kannst mir nichts mehr geben. Ich besitze nichts und habe dadurch alles. ” Da verstand der König und es erfüllte ihn die gleiche Ruhe und innere Stille, wie am Tage, als er alles verloren hatte.
Gefunden bei Basler Psi Verein